Für SRF berichtet Christof Franzen über Russland. Nun wurde der Journalist unfreiwillig zur russischen Propaganda-Figur.
Russisches Staatsfernsehen zeigt gekürzte, verfälschte Version aus SRF-Dokus. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Christof Franzen lebte jahrelang in Russland.
  • Der Walliser berichtet für SRF über Land und Leute.
  • Seine kritische Doku wurde vom Propaganda-Fernsehen missbraucht.
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Christof Franzen (51) kennt Russland wie kein Zweiter. Elf Jahre lebte der Walliser in Russland. Seine Frau ist Russin und seine Kinder kamen dort zur Welt.

Der ehemalige SRF-Russlandkorrespondent arbeitet seit dem Ukraine-Krieg als Sonderkorrespondent. Seine Russland-Reise für «Reporter» schaffte es sogar ins nationale Russen-Fernsehen – allerdings nicht so, wie es sich Franzen erhofft hatte.

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Christof Franzen berichtete für SRF aus Russland.
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Christof Franzen berichtet für SRF aus Russland.
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Christof Franzen (links) im russischen TV.
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Christof Franzen im russischen TV.

Christof Franzen wird als Protagonist im russischen Staatsfernsehen als Propaganda-Figur missbraucht.

In der Sendung «60 Minuten» werden Ausschnitte aus seiner Doku gezeigt. Gemäss der russischen Moderatorin ist Franzen nach Russland gereist, um zu zeigen, dass hier alle «barbarisch, dumm und betrunken» seien. Doch er sei nur «freundlichen, fleissigen – und vor allem patriotischen Menschen» begegnet.

Der voreingenommene Reporter, der Russland richtig kennenlernte – so die Darstellung des Schweizers.

Glauben Sie, dass Wladimir Putin 2024 nochmals zum Präsident gewählt wird?

SRF: Christof Franzen erfuhr von Bekannten von Propaganda

In Wahrheit zeigte Franzen in zwei «Reporter»-Filmen auf, dass es auch Menschen gibt, die kritisch über den Krieg sprechen. Im russischen TV wurden allerdings nur Personen gezeigt, die mit Franzen positiv über den Krieg sprachen. Kritischen Fragen und Aussagen wurden rausgeschnitten. Grosse Teile wurden gar nicht gezeigt oder verfälscht.

Der SRF-Korrespondent erfuhr erst von Bekannten aus Russland vom TV-Beitrag. Franzen: «Was gefehlt hat, sind die kritischen Stimmen, die Grautöne und teils auch meine kritischen Nachfragen. Das hat man alles rausgeschnitten.»

«Giert nach Anerkennung aus dem Westen»

Offenbar ist Russland auf Zuspruch vom Westen angewiesen. Bald sind Präsidentschaftswahlen. In Franzens Beitrag wird es so dargestellt, als würden derzeit alle Russen Wladimir Putins (71) Herrschaft befürworten.

Ulrich Schmid, Professor für Osteuropastudien der Universität St. Gallen, zu SRF: «Putin braucht auch externe Beglaubigung für seine eigene Position. Der Krieg in der Ukraine ist in der russischen Bevölkerung unpopulär, viele wollen, dass der Krieg zu Ende geht. Wenn ein Schweizer Fernsehen zum gleichen Ergebnis kommt, wie die russische Propaganda, dann stützt das Putins Position.»

Gerade, weil das Regime nicht demokratisch legitimiert ist, müsse es betonen, dass seine Entscheidungen trotzdem richtig sind. Ein Schweizer, der in Russland statt Kritik angeblich nur Kriegsbegeisterung findet, passt daher gut ins Bild.

Nicht nur Christof Franzen, auch sein SRF-Kollege David Nauer hat Erfahrungen mit russischer Propaganda gemacht. «Die russische Propaganda giert regelrecht nach Anerkennung aus dem Westen. Die Realität, die spielt dabei keine Rolle», so der Ukraine-Korrespondent.

Diese Woche jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal.

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